Foto: Andre Zelck/DRK-Service GmbH
Die Corona-Pandemie hat die ganze Welt unverhofft getroffen. Gut zwei Jahre grassiert sie bereits und hat das Leben jedes Menschen berührt – egal, ob man sich nun angesteckt hat oder nicht.

Ungewohnte Herausforderungen
Auch der DRK Kreisverband Stade musste sich mit den unzähligen neuen Regularien auseinandersetzen, die sich ständig änderten und daher einer Anpassung bedurften. Dabei fiel es einigen Abteilungen leichter, sich darauf einzustellen, als anderen. So berichten die pflegenden Einrichtungen, dass die Schutzmaßnahmen und Hygieneregeln selbstverständlich schon vorher je nach Bedarf zum Einsatz kamen. „Die extreme Dauer, diese Maßnahmen beizubehalten, war aber belastend“, erklärt Thorben Hoffmann, Leiter des DRK Alten- und Pflegeheims „Haus Gauensiek“ in Drochtersen. Zu den vielen Hygieneauflagen kamen darüber hinaus noch zahlreiche administrative Zusatzaufgaben, die den normalen Betrieb weiter erschwerten: Pförtneraufgaben, Datenerfassung und Weitergabe an das Gesundheitsamt, Kontrollen der Besucher und Mitarbeiter – all das habe das Personal zusätzlich bewältigt. „Kinder haben Bilder gemalt und Angehörige haben Präsentkörbe vorbeigebracht“, erzählt Herr Hoffmann und betont, dass diese Gesten dazu beigetragen haben, durchzuhalten und motiviert zu bleiben.

„Keiner blieb allein“
Das medizinische und pflegende Personal – sei es in den Alten- und Pflegeheimen, in der ambulanten Betreuung, im Rettungsdienst oder beim Hausnotruf – war auf die Hygienemaßnahmen vorbereitet. Dennoch änderte sich durch die Pandemie einiges, denn für die Betreuten brachen durch Corona meist die gewohnten Begegnungen mit Verwandten und Freunden abrupt ab.
„Unsere Pflegekräfte wurden für einige zum einzigen sozialen Kontakt“, berichtet Gudrun Tiedemann, Leiterin der Sozialstation Himmelpforten. Da war es umso wichtiger, dass trotz der Krise alle Kunden die gesamte Zeit über versorgt wurden. „Unser Team hat dabei viel Dankbarkeit erfahren und einen engen Zusammenhalt bewiesen“, sagt Frau Tiedemann stolz.

Hilfe im Notfall
Durch die verminderten Sozialkontakte haben sich ältere Menschen und ihre Angehörigen häufig damit auseinandergesetzt, was im Notfall passieren könnte. Das Sicherheitsbedürfnis stieg und Gedanken, wie „Auf welche Weise kann ich mich unabhängig von meinen Angehörigen schützen?“ bzw. „Sind meine Eltern gut versorgt?“, beschäftigten viele Menschen. Daher konnte Nils Günther, Verantwortlicher für den DRK-Hausnotruf, deutlich mehr Anmeldungen verzeichnen, die nicht erst eingereicht wurden, nachdem es einen bedrohlichen Vorfall gab, sondern die prophylaktisch im Vorfeld beantragt wurden.
Er und sein Team hatten zudem schon zu Beginn der Krise sämtliche bestehenden Kunden angerufen und sich erkundigt, ob aufgrund der Situation noch Wünsche nach Änderungen bestanden. „Dass wir uns derart kümmern, wurde von unseren Kunden mit sehr viel Dankbarkeit aufgenommen“.

Im Rettungsdienst ist man ebenfalls unermüdlich um das Wohl der Patienten bemüht, aber das Augenmerk liegt auch auf dem Schutz der Mitarbeiter. „Unsere wichtigste Ressource ist unser Personal. Darum müssen wir dafür sorgen, sie zu schützen“, betont Martin Lobin, Leiter der Einsatzkräfte im Rettungsdienst. Das DRK ist im Landkreis Stade mit 18 Fahrzeugen der Hauptbeauftragte für Rettungseinsätze. Normalerweise ist dabei die Teamarbeit sehr eng und sogar familiär, doch um die Menschen zu schützen, hat man die Rettungswachen in der Krise dezentralisiert und für kontaktlose Übergaben gesorgt. Wenn es dennoch zu krankheitsbedingten Ausfällen von Mitarbeitern kam, konnte sich das Team aufeinander verlassen. „Die Bereitschaft, jederzeit einzuspringen, ist nach wie vor ungebrochen“, erklärt Herr Lobin anerkennend.
Hinter der Maske
In allen Bereichen, selbst in der Pflege und Notfallversorgung, war jedoch eine Hygienemaßnahme neu: Die FFP2-Masken. Unter diesen Masken fiel es besonders schwer, den Pflegebedürftigen beim Duschen zu helfen, oder im Winter mit Brille, z.B. als Rettungskraft, den Überblick zu behalten, wenn diese dadurch beschlug. Zudem verstanden vor allem Personen mit Demenz nicht immer, warum sie oder die Pflegenden Masken aufsetzen sollten. In der Kinderbetreuung, gerade bei den Krippenkindern, war es zudem häufig gar nicht möglich, immer Maske zu tragen, da in dem Alter wichtig ist, die Mimik zu erkennen und die Bedeutung der Gesichtsausdrücke zu lernen. Diesen Balanceakt durchzuhalten, war eine große Leistung aller.

Übergreifende Teamarbeit
Corona sorgte somit für zahlreiche Herausforderungen, die viele Mitarbeiter verunsicherten. Doch im Kreisverband blieb keiner mit seinen Sorgen allein: „Das Engagement und der Zusammenhalt der gesamten Mitarbeiter, sich untereinander zu helfen, die Krise anzugehen und nach besten Möglichkeiten zu wuppen, waren erstaunlich“, so Geschäftsführer Uwe Lütjen. „Das hat gezeigt, dass es keine Krise gibt, die wir gemeinsam nicht bewältigen können.“

Hand in Hand
In einigen Bereichen, wie zum Beispiel in den Kindertagesstätten, waren die durch Corona-Auflagen verlangten Hygienekonzepte Neuland. Solche Hürden gemeinsam zu meistern, darin lag eine der großen Stärken des DRK-Kreisverbandes, so Uwe Lütjen. „Jeder hat jedem geholfen“, berichtet er.
Ein Beispiel dafür war die Zusammenarbeit der Qualitätsmanagerinnen Frau Alke Wolff, Verantwortliche für den Zentralen Reinigungsdienst, mit Frau Beke Cordes, Fachbereichsleitung der ambulanten Pflege, die kurzerhand Testkonzepte aus der Altenpflege für die Kindertagesstätten angepasst haben. Darüber hinaus wurde ein neues zentrales Lager für Schutzartikel angelegt, in dem sich alle Einrichtungen des DRK mit Masken und Desinfektionsmitteln ausstatten lassen können.
Kompetenzen finden
Besprechungen in digitalen Meetings wurden anberaumt, um den Ideenaustausch zu fördern sowie kreative Lösungen zu finden, diese miteinander zu teilen und sich gegenseitig zu unterstützen.
Das führte auch dazu, die richtigen Personen für neue Posten zu finden. So übernahm z.B. Beke Cordes 2020 zunächst die Aufgabe als Testbeauftragte des Kreisverbandes Stade und stellte ab Oktober 2021 das inzwischen 53-köpfige Impfteam für den Landkreis zusammen, das sie seitdem leitet. Ihre Fähigkeiten, die sie in ihrer eigentlichen Position als Fachbereichsleitung für die ambulante Pflege und als Qualitätsmanagerin gewonnen hat, kamen ihr dabei sehr zugute.
Impfen zum Schutz von sich und anderen
„Impfen ist eine solidarische Sache“, so Beke Cordes. Es gehe nicht nur darum, sich selbst zu schützen, sondern ebenfalls, andere nicht zu gefährden. Aus diesem Grund setzt sie sich mit ihrem Team dafür ein, jedem eine Impfung zu ermöglichen. Zu diesem Zweck sind vier mobile Impfteams im ganzen Landkreis unterwegs, um sowohl in Schulen als auch an bisher 13 stationären Standorten zu impfen.
„Meist wird im Moment geboostert, aber täglich gibt es dazu noch immer Erst- und Zweitimpfungen“,
berichtet Frau Cordes. Für Kinder zwischen fünf und zwölf Jahren ist das Team jeden Freitag mit Kinderärzten unterwegs. Termine kann man sich vorab unter www.impfportal-niedersachsen.de besorgen (unten auf der Seite auf „Weiter“ klicken) oder ohne Termin vorbeischauen, ob es gerade passt.
Eine Besonderheit ist zudem, dass seit dem 2. März für alle Impfwilligen über 18 Jahren der neue Impfstoff Novavax zur Verfügung steht. Dieser proteinbasierte Impfstoff ist auf der Technik der meisten gebräuchlichen Impfstoffe aufgebaut und stellt somit für diejenigen eine Alternative dar, die den mRNA-Impfstoffen misstrauen.
Milde Verläufe machen Hoffnung
Dass Impfungen vor allem eine Infektion mit der Omikron-Variante nicht zuverlässig ausschließen können, hat sich leider seit Beginn des Jahres deutlich gezeigt. Dennoch setzt das DRK darauf, die Impfungen fortzusetzen. Uwe Lütjen ist stolz darauf, wie viele der DRK-Mitarbeiter sich impfen ließen, selbst wenn es dennoch Impfdurchbrüche gab. Fast alle Verläufe derer, die sich trotz Impfung angesteckt haben, waren jedoch mild. Lütjen betont darum, er gehe davon aus, dass dies sowohl an der Omikron-Variante liege, die weniger schlimme Verläufe aufweist, und ebenfalls daran, dass die Impfungen die schweren Verläufe weitgehend verhindert haben. „Ich bin überzeugt, dass der Impfschutz das einzige ist, das uns in Zukunft vor Corona schützen wird“, so Lütjen. „Wir brauchen jeden unserer Mitarbeiter und daher bitte ich jeden, der bisher gezögert hat, sich jetzt für eine Impfung zu entscheiden.“

Enge Kontakte bleiben wichtig
In Kindergärten ist das pädagogische Personal zwar in der Regel vollständig durchgeimpft, aber auf die Kinder trifft dies nicht zu. Coronaausbrüche waren daher nicht zu verhindern. „Im Januar waren innerhalb von einer Woche 90% unseres Personals erkrankt“, erinnert sich z.B. Marina Hoffmann, Leiterin der Kita „Villa Kunterbunt“ in Harsefeld. Auslöser war offenbar der Kontakt zu einem Kind, das laut Gesundheitsamt eine extrem hohe Virenlast ohne auffällige Symptome hatte. „Zum Glück hatten alle milde Verläufe. Nicht auszudenken, was geschehen wäre, wenn wir nicht geimpft gewesen wären.“
Doch trotz dieser Erfahrung besteht Frau Hoffmann darauf, vom Virus nicht die pädagogische Arbeit beherrschen zu lassen. „Wenn ein Kind hinfällt, dann nimmt man das Kind selbstverständlich noch immer auf den Arm und tröstet es“, erklärt sie, denn die Nähe zu den Kindern bleibe für die sozial-emotionale Entwicklung gerade in Krisenzeiten unheimlich wichtig.
„Kinder suchen den Körperkontakt – das sollte auf keinen Fall verloren gehen.“
Die Hygienekonzepte hat sie darum in die Arbeit integriert, um ihr Personal und die Kinder zu schützen, und gleichzeitig einen Weg gefunden, die Menschlichkeit beizubehalten. Man könne eben auch mit den Augen lachen, selbst wenn der Mund von einer Maske verdeckt ist, betont sie.
Gute Ideen weiterführen
Um den betroffenen Kindern, die sich so viele Tage in Quarantäne begeben mussten, die Langeweile zu verkürzen, stellten die Erzieher Pakete zusammen, die altersgerechte Rätsel, Spiele und kleine Aufgaben beinhalteten. „Das werden wir nach Corona weiterführen, wenn jemand krank wird“, kündigt Marina Hoffmann an.
Zudem hat die digitale Kommunikation, die durch die Pandemie ausgebaut wurde, inzwischen einen festen Platz im Alltag gefunden, so dass sich wohl nach der Krise in vielen Bereichen eine Mischform aus persönlichen Gesprächen und vermehrter Informationsweitergabe auf digitalem Wege etablieren wird.
Positive Ergebnisse
Selbst mit ausgeklügelten Hygienekonzepten konnte niemand vermeiden, dass sich Kinder und Personal privat oder im Kindergarten anstecken. Das Gesundheitsamt hat daher immer wieder in verschiedenen Kindertagesstätten den Betrieb geschlossen, meist ohne jegliche Vorwarnung. Dass dies selbstverständlich ebenfalls die Eltern sehr belastete, die spontan für eine Kinderbetreuung sorgen mussten, war darum verständlich. Die Notlage der Kindertagesstätten wurde aus diesem Grund in der Presse thematisiert – mit einem positiven Ergebnis: Kurz nach Erscheinen eines halbseitigen Berichts im Stader Tageblatt meldeten sich vier Bewerber, die zukünftig die Teams in den Kindertagesstätten verstärken wollen, freut sich Herr Lütjen.
Die Chance für Homeoffice
Dass sich die Arbeitsbedingungen in der Krise auch zum Positiven geändert haben, konnte man beim Thema Homeoffice beobachten: So haben z.B. Erzieher ihre Verfügungszeit zum Teil zu Hause verbracht, um dort in Ruhe die notwendigen Berichte zu verfassen. „Dass das sinnvoll und effektiv ist, darauf wären wir vor Corona nicht gekommen“, so Marina Hoffmann. In fast allen DRK-Wirkungsstätten stellte sich das Homeoffice als eine gute Alternative für Verwaltungsaufgaben heraus. Allerdings sind Menschen, die für das Deutsche Rote Kreuz arbeiten, in der Regel sehr kollegial eingestellt. „Wo es möglich war, haben wir den Mitarbeitern das mobile Arbeiten ermöglicht“, so Uwe Lütjen. „Aber das wird meist nur ein- bis zweimal die Woche genutzt. Die Möglichkeit auf 100% Homeoffice zu gehen, haben die Mitarbeiter abgelehnt, weil die direkten sozialen Kontakte untereinander so wichtig für sie sind.“
Die Hoffnung auf den Sommer
Es ist selbstverständlich, dass wohl jeder Mensch auf der Welt das endgültige Ende der Pandemie herbeisehnt. Selbst wenn man alle Hindernisse überwunden und Lehren aus der Krise gezogen hat, freuen sich doch alle darauf, einander wieder ohne Maske ein Lächeln schenken zu können und sich mal wieder herzlich zu umarmen.
Darum machen sich die zahlreichen Ehrenamtlichen schon dafür bereit, ihre Angebote wieder aufzunehmen, die sie so lange nicht oder nur vermindert durchführen konnten. So freuen sie sich wieder auf Bingo-Spiele, gemeinsame Kaffeenachmittage, und all das, was vor allem dafür sorgt, dass sich ältere Leute treffen und aktive Jugendarbeit betrieben werden kann.
Das Miteinander ist eben nicht zu ersetzen.