Puzzeln, Lesen, Basteln: Die Erzieherin Anita Oellerich-Jakubowski genießt die Zeit in der Kita „Abenteuerinsel“ in Hammah ebenso wie Ella und Fiete. © Fotos: Dede
Passt dahin der Wal oder muss doch die Qualle hierher? Der kleine Fiete puzzelt konzentriert. An seiner Seite sitzt Anita Oellerich-Jakubowski. Die beiden haben Spaß miteinander, erzählen von den Unterwassertieren und dessen Farben.
Eigentlich könnte die Erzieherin schon längst ihren Ruhestand genießen. Doch die 67-Jährige arbeitet noch gerne in der DRK-Kita „Abenteuerinsel“
in Hammah: „Es macht unglaublich viel Spaß und ist eine Bereicherung für mich!“
So geht es dutzenden Frauen und Männern im DRK-Kreisverband Stade: Sie sind auch nach dem Erreichen des Renteneintrittsalters hauptamtliche Mitarbeiter. Und das keineswegs vorrangig, um die Rentenzahlungen aufzubessern, sondern aus Überzeugung. Sie haben Freude an der Arbeit, sind vom Umgang mit Kindern oder Senioren, mit Pflegebedürftigen oder Menschen mit Handicap begeistert. In fast allen DRK-Einrichtungen gehören Rentner in Teilzeit zum Team.
Einige dieser Ruheständler im Dienst gehören schon seit vielen Jahren zum Roten Kreuz, andere wechselten erst nach der ersten Karriere dorthin. Alle eint: Sie sind ein Gewinn für den Kreisverband – insbesondere durch ihre Erfahrung, Zuverlässigkeit und Flexibilität.
Kindergarten
Das trifft auf Anita Oellerich-Jakubowksi ebenso zu, die seit Oktober 2017 als Springerkraft immer wieder den Kindergarten wechselte: „Ich habe schon in sechs verschiedenen DRK-Kitas gearbeitet.“ Dank ihrer langjährigen Erfahrung und Offenheit fällt ihr das Einarbeiten leicht.
Organisation
Kontinuität zeichnet wiederum das Berufsleben von Klaus-Dietmar Otto aus. Im August 2019 gab er die Kreisgeschäftsführung nach 32 Jahren ab. Seitdem ist der 68-Jährige als Projektmanager im Roten Kreuz aktiv: „Alle Projekte, die ich angefangen habe, bringe ich auch zu Ende.“
Dabei kann Klaus-Dietmar Otto weiterhin auf die Unterstützung von Regina Burfeind setzen. Die Chefsekretärin wechselte ebenfalls in den Ruhestand in Teilzeit. So machte es auch Erika Schütt: 14 Jahre lang leitete sie die Finanzbuchhaltung. Im Oktober 2019 gab sie die Leitung ab und reduzierte ihre Stunden auf 20 pro Woche.

Betreuung
Fast ein Viertel Jahrhundert gehört Peter Einfeldt zum DRK: Seit 24 Jahren ist er Betreuer im Fredenbecker Wohnheim für 18 Menschen mit Behinderung. Daran hat sich auch nichts geändert, als er vor vier Jahren offiziell in Rente ging. Lediglich die wöchentliche Stundenzahl reduzierte der Baljer.
„Das Team ist einfach klasse, und man tut etwas für seinen Kopf, man bleibt geistig fit.“ sagt der 68-Jährige.
Ein paar Bewohner kennt er von Beginn an: „Wir sind zusammen alt geworden.“
Einige der Kollegen haben sich inzwischen in den Ruhestand verabschiedet. Der muss bei Peter Einfeldt noch warten. Sein 25. Dienstjubiläum im kommenden Jahr möchte er (mindestens) noch feiern.
„Dann habe ich etwa dreieinhalb Jahre im Wohnheim geschlafen“, rechnet der Betreuer vor. Das achtköpfige Team unterstützt die Menschen mit Behinderung so viel wie nötig und so wenig wie möglich in ihrem Alltag – einer von ihnen bleibt über Nacht. Die größtmögliche Selbstständigkeit ist stets das Ziel.

Produktion
Das ist auch das Credo im Metallbau der Schwinge Werkstätten in Stade, wo Günter Adebahr tätig ist – trotz des stolzen Alters von 77 Jahren. Die Arbeit mit den Beschäftigten macht ihm so viel Freude, dass an einen Ruhestand bei ihm ebenfalls noch nicht zu denken ist.
Im April 2007 begann Günter Adebahr beim DRK; zuvor war er in Hamburg bei einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung tätig. Zunächst startete er bei den Schwinge Werkstätten als Gruppenleiter mit monatlich 60 Stunden, später reduzierte er auf 27,5 Stunden pro Monat.
Eigentlich wollte er vor allem neue Kontakte knüpfen, so der Stader: „Ich habe immer in Hamburg gearbeitet und kannte dort viele Leute.“ Durchs Rote Kreuz sollte sich der Freundes- und Bekanntenkreis auf die Heimat ausweiten.
Daraus sind inzwischen schon 14 Jahre Zusammenarbeit entstanden. Noch immer steht der 77-Jährige an der Drehbank, unterstützt die Beschäftigten bei den Produktionsaufträgen oder erledigt Auslieferungen. „Ich mache alles außer Schweißen.“

Seniorenheim
Alles am Empfang des Stader DRK-Seniorenheims übernimmt wiederum Silke Dobratz. Zwar arbeitete die 69-Jährige nach dem Erreichen des Rentenalters im April 2017 weiter im Sozialen Dienst, reduzierte aber ihre Stunden.
Als dann die Coronapandemie den Alltag im Seniorenheim vollkommen veränderte, stockte die Staderin ihre Stunden sofort wieder auf.
Seitdem koordiniert Silke Dobratz gemeinsam mit zwei Kollegen die Besuche von Angehörigen, Dienstleistern, Therapeuten und Ärzten – montags bis freitags von 7 bis 19 Uhr sowie an den Wochenenden von 8 bis 19 Uhr: „Alle müssen sich bei mir anmelden – außer die Mitarbeiter natürlich.“
Die Vorschriften dafür änderten sich seit März 2020 immer wieder. Wer vor Betreten des Seniorenheimes in welchen Abständen einen Schnelltest machen muss und welche Hygiene- und Abstandsregeln im Haus gelten, erklärte sie immer wieder. Ihre Erfahrung und Ruhe kam Silke Dobratz dabei zugute – bereits im Sommer 2009 begann sie beim DRK, kennt also viele Angehörige, Ärzte und zum Beispiel Handwerker.
Ein unbezahlbar wertvoller Dienst
Eben diese Ruhe und Erfahrung von den zahlreichen Ruheständlern im Dienst schätzt auch der Kreisgeschäftsführer Uwe Lütjen:
„Diese Frauen und Männer sind eine Bereicherung für den Kreisverband und eine Stütze für die Teams in den vielen verschiedenen Einrichtungen, weil sie oftmals besonders flexibel sind und zum Beispiel einspringen, wenn Kollegen ausfallen.“
Obendrein mindern die „Unruheständler“ ein wenig den anhaltenden Fachkräftemangel, der in beinahe allen Bereichen des DRK-Kreisverbandes herrscht. Gleichzeitig spricht es für das Rote Kreuz, der offensichtlich ein zuverlässiger Arbeitgeber ist.
Das betont Dörte Fölsch ebenso, die sich nach 37 Jahren bei der Sozialstation Altes Land und Geestrand verabschiedete – zumindest teilweise. „Ohne DRK geht es nicht“, so die ehemalige Pflegedienstleitung, die nun noch ein Mal pro Woche im Dienst ist. „Das Rote Kreuz war und ist immer ein toller Arbeitgeber und das Team ist einfach klasse.“
Seniorenheim Buxtehude
Deutlich mehr Stunden absolviert Lubow Schreiber: Die examinierte Krankenschwester leistet 40 Stunden pro Woche im Buxtehuder „Dr. Neucks-Heim“. „Ich bin gesund, die Arbeit macht mir Spaß und nur Zuhause sein – das kann ich nicht“, sagt die 67-Jährige, die seit 2001 in dem Seniorenheim beschäftigt ist und ausschließlich Nachtdienste übernimmt.
Gemeinsam mit einem Kollegen ist sie für die 96 Bewohner verantwortlich. Ein Ende ist noch nicht in Sicht: „Ich mache so lange wie möglich weiter. Meine Kollegen und mein Chef sind toll, ich gehe gerne zur Arbeit.“

Fahrdienst
Mit genauso viel Freude setzt sich Volker Bertram seit fünf Jahren ans Steuer des DRK-Busses. Morgens holt er die Gäste der Tagespflege Freiburg zu Hause ab, nachmittags bringt er sie wieder zurück.
Es ist nicht in erster Linie der finanzielle Aspekt, sondern vor allem der Umgang mit den Senioren, den der 68-Jährige an seinem Job schätzt: „Ich bin nicht der Typ, der Zuhause auf der Bank sitzt und die Tauben zählt.“ Also wurde aus dem Ruhestand der sprichwörtliche Unruhestand.
Der Drochterser kennt durch die Pflege von Angehörigen den Umgang mit Senioren. Diese Erfahrungen gepaart mit seiner Empathie und rheinländischen Offenheit – Volker Bertram kommt aus Gelsenkirchen – machen ihn zu einem beliebten Fahrer.
Nur mit dem Plattdeutschen hadert er ein wenig: „Ich bitte meine Fahrgäste, Hochdeutsch zu sprechen. Dann haben wir alle Spaß und lachen viel. Einige sind wirklich keck.“
Alt mit Jung
Glückliches Kinderlachen ist auch der schönste Lohn für Anita Oellerich-Jakubowski. Doch nicht nur der kleine Fiete und die anderen Mädchen und Jungen der Kita „Abenteuerinsel“ profitieren von dem Einsatz der 67-Jährigen, sondern die Harsefelderin selbst ebenso: „Für mich ist die Arbeit eine Bereicherung. Ich kann das nur weiterempfehlen!“ (nd)